Markus Waldura

Markus Waldura

WalduraMarkus Waldura wurde 1957 in Quierschied/Saar geboren. Schon als Kind und während der Schulzeit in Sulzbach literarisch produktiv, begann er während seines Studiums der Germanistik und Musikwissenschaft an der Universität des Saarlandes mit der Zeitschriftenpublikation von Gedichten. 1996 veröffentlichte er bei der Alfelder Bücher Compagnie unter dem Titel „Gegen den Schlaf in den Tälern“ eine Mappe mit 22 lyrischen Texten. 1991 und erneut 2001 war er Gast in der Sendung „Literatur im Gespräch“ auf SR 2 Kulturradio.
Seit einigen Jahren hat Waldura seine Publikationstätigkeit intensiviert. Gedichte erschienen – und erscheinen – in Lyrikzeitschriften des deutschsprachigen In- und Auslandes sowie in Anthologien. 2006 kam er bei der Ausschreibung des Lyrikpreises der Salzburger Zeitschrift Erostepost in die engere Wahl. 2009 erschien beim Thaleia-Verlag in St. Ingbert sein erster Gedichtband „Landschaft offene Hand“, 2013 bei rectoverso sein zweiter Gedichtband „Überrascht von plötzlichem Himmel“.
Waldura arbeitet derzeit als Lehrer für Musikerziehung, Deutsch und Kommunikation an einer sozialpädagogischen Fachschule im pfälzischen Landstuhl. Außerdem hält er als Privatdozent für Musikwissenschaft Lehrveranstaltungen an der Universität des Saarlandes.

Verdammnis 7.14 Uhr

Plötzlich ist sie über den
Bahnsteig gekommen, diese
ungewohnt schmale Nacht zwischen
zwei Morgen, und macht
die Pendler wieder zu Leibern
in Finsternis weitab von den
Guten im Licht. Doch in der
Hand hältst du deine
Fahrkarte nach Frankfurt
und weißt: Dieses Gericht
ist nur eine Laune des Wetters
im Stil von Hans Memling,
und alle werden pünktlich
eintreffen im kühlen Grau,
das von Westen her einbricht,
als käme erst jetzt der Werktag
herauf mit seinen Dämpfen
und seinen am Himmel
verschiebbaren Sprinkleranlagen.

Veröffentlicht in:

waldura_himmel_350pxMarkus Waldura: Überrascht von plötzlichem Himmel; Rectoverso-Verlag 2013; ISBN 978-3-944527-04-8

Rectoverso-Verlag

 

 

 

 

 

Nächtlicher Schneefall

Schattenhaftes, wirbelndes Streuen
vors Licht.
Weiches, erstickendes Fallen
drängt immerzu nach
aus der Schwärze,
anfliegende Dichte,
nur zu erspüren mit der
nun fast sehenden Haut.
Feuchtes streift mein Gesicht,
wie Blattwerk kühl,
doch zerfließend,
eines Rieselns Geflecht,
vom Wind zusammengedreht
und entwirrt.
Ich gehe, verfangen und frei,
benetzt, beinah tauchend,
zugleich auch wie dringend
durch Wald.

veröffentlicht in:
Markus Waldura: Überrascht von plötzlichem Himmel; Rectoverso-Verlag 2013; ISBN 978-3-944527-04-8

Auf eine Zeichnung der Metzer Kathedrale
Alfons Fontaine in memoriam

I
Lanzen, aufgepflanzt um einen Rumpf:AlfonsFontaine_KathedraleMetz
so ehrt man einen toten Helden.
An Seitenfront und Westfassade
sind Pfortenohren lauschend
aufgestellt nach Leuten;
Gläubige sprechen durch sie ein ins Dämmer,
denn darin ist der Eine,
der sie hört. Er schlägt
das Kreuz aus Längs- und Querschiff
über sie, Absolution, aus Stein
rings um sie aufgerichtet –
wo sonst kann man so stark
beschützt im Gnadeninnern stehen?

II
Wenn du das Weiß des Blattes
nicht für Stein hältst,
siehst du:
Sehnen, Bänder,
Reste von Schatten,
am Knochen angetrocknet,
Mauern, abgelaugt zum Skelett.
Der Röntgenstift hat den
Baukörper zur 3D-Grafik
zurückgezeichnet, so würde heute
ein virtueller Entwurf aussehen:
ein Liniennetz
aus Säulen, Zinnen und Simsen,
Steinrosen sind schon reichlich ausgebildet
an Spitzen und Kanten,
abstrakte Struktur,
befallen von wucherndem Leben,
Kreatürliches als Ausschlag,
der Überzug schützt
vor Zeitlosigkeit.

(unveröffentlicht)