Gemälde Porträts

Wenn man sich als Malerin für das Thema Porträt interessiert, betritt man ein Gelände voller Tretminen: Da gibt es in Zeiten des Fotorealismus die vielen Gesichter aus Fotokampagnen, Film und Fernsehen, bei denen man sich als Betrachter und Konsument nie sicher sein kann, ob diese „Abbilder“ nicht nachträglich manipuliert wurden. Es gibt natürlich auch den Wunsch der Porträtierten, möglichst vorteilhaft ins Szene gesetzt zu werden. Jeder Mensch hat schließlich ein korrigiertes, seitenverkehrtes und häufig auch geschöntes Idealbild seiner selbst in seiner Vorstellung abgespeichert – und das soll der Maler nun bitteschön möglichst genau so abrufen!
Schon der deutsche Impressionist Max Liebermann beschwerte sich über die hohen Ansprüche seiner Kunden in puncto Porträt-Ähnlichkeit. Ironisch versprach er den Leuten, dass er den Porträts zusätzlich noch beibringen könnte, Papa und Mama zu sagen. Wie aber tritt man als Kunstschaffende in Konkurrenz zur  Fotografie, die ja die Aufgabe der Bildnis-Malerei bereits absorbiert hat? Erkennt sich der Porträtierte im Gemälde überhaupt wieder oder wendet er sich mit Grausen ab, weil er sich unverstanden fühlt – oder sich möglicherweise durchschaut fühlt? Und was bewegt das Porträt einer wildfremden Person, womöglich aus ferner Zeit, im Betrachter selbst? Distanz oder Empathie? Ist es ein Anreiz zur Selbstreflexion?

Wie schön ist es für mich, meine Klientel aus historischen Persönlichkeiten zu rekrutieren, die niemals Einwände gegen meine Interpretationen erheben könnten! Schon seit meiner Studienzeit faszinieren mich die herrlichen „Ritrattos“ (italienisch natürlich „ritratti“)“ und „Konterfeis“ der Renaissance und des Manierismus, all die betörend-schönen Piero della Francescas, Baldovinettis, Pollaiuolos, Settignanos und dergleichen aus dem ausgehenden Trecento und Quattrocento in Italien. Sie sind in ihrer schlichten Komposition ohne Tricks, Prunk,Pracht, farblich und auch Kostüm-technisch noch eher dem Spätmittelalter verpflichtet. In der Hochrenaissance begann der Siegeszug des spanischen Hofzeremoniells – und damit kamen dann auch für lange Zeit all die feierlich-traurigen schwarzen Outfits in Mode. Trendsetter war übrigens kein Spanier gewesen, sondern ausgerechnet ein schmucker Italiener namens Baldassare Castiglione, der in seiner Style-Bibel und Benimm-Schule den perfekten Hofmann („Cortegiano“) kreiert hatte.

Laura Battifferi

Laura Battifferi

Daher habe ich keinerlei Hemmungen, meine historischen Personen wie Papier-Puppen mittels Collage- und Decoupage-Technik neu einzukleiden. Das triste Original-Outfit der Schriftstellerin Laura Battiferri von Agnolo Bronzino, ( nebenbei bemerkt meiner Meinung nach das aufregendste weibliche Profil der Kunstgeschichte !), wurde genauso ausgetauscht wie die Kleider anderer Personen. Der Goldgrund als abstrahierter Hintergrund erzeugt eine synthetische Leerstelle, die vom Betrachter dann symbolisch aufgeladen werden darf. Die Porträtierten geraten unfreiwillig zu Ikonen – auf der Grenze zwischen individuellem Charakter und Kunstfigur.

Frida mit präkolumbianischer Figur

Frida Kahlo mit präkolumbianischer Figur

Großen Spaß hat mir auch das Styling meiner Frida Kahlo-Porträts gemacht: Frisur, Kleidung und Schmuck oder eine präkolumbianische Papageien-Figur aus Ton, ebenso ihre exotisch-indigenen Gesichtszüge sollen nicht Fridas eigene Selbstporträts wiederholen, sondern eher ergänzen und interpretieren. Ich orientierte mich an Frida-Fotografien aus den vierziger und fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts. Meiner Meinung nach sieht sie auf den Fotos von Gisèle Freund und Nicolas Murray viel hübscher, weicher, sinnlicher aus als auf ihren kraftvollen und doch auch schonungslosen Selbstporträts, die von ihrer Einsamkeit und ihren Schmerzen zu erzählen scheinen, von gelebtem Exotismus und, wie Ingrid Brugger schreibt, von „einem Sichaufbäumen gegen das Sterbenwollen des lädierten Körpers“. Fridas Selbstporträts sind ein Amalgam aus Eros, Eigenschönheit, Hässlichkeit und körperlichen Defiziten. Aus dieser ebenso authentischen wie schonungslosen Bestandsaufnahme ihrer Gesichts- und Körper-Landschaften resultiert letztlich die Raffinesse und auch der emotionale Schock ihrer großartigen Bilder auf der Grenze zur Kunstlosigkeit. Zusammen  On-Off-Ehemann Diego Rivera und Frida formten zusammen jene  wilde und fremdartige, aztekische Prinzessin. Dieses Image hat sich tief in unser kollektives visuelles Gedächtnis eingegraben.  In unserer medialisierten Welt entwickelte sich daraus ihr zeitloser Starfaktor. Diesen anhaltenden Hype um diese Kultfigur mit dem Damenbart und den zusammengewachsenen Augenbrauen, die wie Schwingen eines Vogels zum Flug ansetzen wollen, zapfe ich mit meiner kleinen Serie an.

Frida schien damals, während der Fotostrecke, mit dem Fotoapparat (oder dem Fotograf Murray!) regelrecht geflirtet zu haben. ich bin mir sicher, dass sie ihre Starqualitäten als Ikone und folkloristisches Gesamtkunstwerk genossen hat….

 

 

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